Ich habe gerade eine unglaublich spannende, anstrengende und tolle Woche hinter mir. Meine neue Klasse besteht nur aus elf Mädchen. Dafür kennen wir uns jetzt schon super und müssen nicht in grossen Gruppen arbeiten. Die Mädchen sind unglaublich lustig und lebensfroh – und so interessiert am Unterricht! In meiner ersten Englischstunde haben wir ein Gedicht von Eve Ensler über „Mädchen in 2010“ gelesen. Es war sehr spannend und berührend. In Mathe gibt es für mich noch nicht so viele neue Sachen, negative Zahlen habe ich letztes Jahr schon durchgenommen, und Spanischstunden hatte ich noch nicht so viele.
Doch worauf wir alle uns am meisten gefreut haben, ist der Donnerstag Morgen. Wie normal begann die Schule um 8:30. Wir gingen mit Mr. Barnes, unserem Science Lehrer, in das Gewächshaus und suchten uns ein passendes Paar Gummistiefel und Handschuhe aus. Dann nahmen wir uns eine 50 cm lange Heckenschere und setzten uns in einen kleinen Bus, der vor der Schule bereitstand.
Der Ort, zu dem wir gefahren sind, liegt ein paar Kilometer südlich von Santa Fe. Kaum sind wir aus dem Wagen gestiegen, ruft eine meiner Mitschülerinnen: „Coyote!“ Tatsächlich stand ein Kojote ein paar Meter weiter unten an der Strasse und beobachtete uns!
Wir kämpften uns durch kniehohes Gebüsch und erreichten schliesslich den Santa Fe River, der mithilfe einer selbstgemachten Brücke überquert werden kann. Dieser Platz, der ca. 3.5 Hektar gross ist, ist ein Reservat und gehört der Girls School. Hier nehmen sie seit gut zehn Jahren Wasserproben. Sie sind die einzigen in ganz New Mexico, die dies schon so lange machen und die Achtklässlerinnen konnten deshalb letzten Januar diese Daten vor dem Neu-Mexikanischen Parlament vorstellen.
Über den Sommer sind alle Wege, die die letzten Achtklässlerinnen geschnitten haben, wieder zugewachsen und bestanden nur noch aus einem Urwald aus zwei Meter hohen Weiden. Nach einer kurzen Einführung begannen wir in Zweiergruppen mit der Arbeit. Larissa und ich krochen in die Büsche hinein und begannen, die Weidenstämme möglichst weit unten abzuschneiden. Die kleinen Bäume dann wieder zum Fluss zu bringen war auch anstrengend und die Neu Mexikanische Sonne brannte gnadenlos von einem erstaunlich blauen Himmel. Nach eineinhalb Stunden Arbeit hatten Larissa und ich einenfünf Meter langen Pfad ins Gestrüpp geschnitten, der breit genug war, um zwei Personen nebeneinander gehen zu lassen.
Das alles war eine Arbeit, die die Achtklässlerinnen immer Anfang Schuljahr machen müssen. Später werden wir noch eine invasive Baumart, die Russian Olives, abschneiden und mit einem speziellen Spray behandeln, damit sie nicht nachwachsen. Hier werden wir jede Woche unsere Chemiestunden machen und praktizieren können und weiterin Wasserproben nehmen. Es ist noch nicht ganz sicher, doch vermutlich werden wir Ende Schuljahr einen Film über das Reservat machen, mit echten, grossen Filmkameras. Bis zu diesem Jahr war es Tradition, dass die Achtklässler das machen, und zwar richtig professionell. Mr. Barnes ist sich nur nicht ganz sicher, ob es nicht vielleicht zu viele Chemie und Wissenschaft Stunden in Anspruch nimmt.
Etwas Wichtiges habe ich noch vergessen: die SASOW-Regel. Hier im Reservat gibt es nämlich Klapperschlangen, und ich habe gemerkt, wie unheimlich es ist, wenn man alleine im Gras sitzt und weiss, dass giftige Schlangen überall sein könnten. SASOW ist eine Sicherheitsregel für eine Begegnung mit einer Klapperschlange, die wir alle kennen müssen und steht für:
Stop (Anhalten)
Assess (Gefahr einschätzen)
Step back (Zurücktreten – und aufpassen, dass man nicht auf weitere Schlangen tritt)
Observe (Schlange beobachten)
Whistle (Wir alle haben eine Pfeife, die wir nur im Notfall blasen dürfen)
Ich hoffe, dass ich euch keine Angst gemacht habe. Ich werde mich bemühen, nicht von einer Klapperschlange gebissen zu werden, und falls doch bin ich in guten Händen und werde augenblicklich in den Spital gebracht, der zehn oder fünfzehn Minuten entfernt ist.
Hannah